
Kein Wochenende ohne Briefmarken aus Bethel
Dutzende Briefe, oft mit bunten Marken, kamen täglich auf den Schreibtisch geflattert. In seinem Beruf als Zollbeamter erhielt Eberhard Lewinski jede Menge Post. Viel zu schade, um sie einfach wegzuwerfen, fand der heute 80-Jährige. Deshalb griff er jedes Mal zur Schere, schnitt die Marke sorgfältig aus und hob sie dann in einer alten Zigarrenkiste auf.
„Sammeln konnte man das noch nicht nennen, die waren ja nicht geordnet“, sagt er heute. Erst mit 27 Jahren wurde aus einem oberflächlichen Interesse eine Leidenschaft, die die Jahrzehnte überdauern sollte. Auslöser war sein Sohn, in dessen Schulklasse Briefmarken-Sammeln in Mode kam. Der fing an, mit seinen Kameraden zu tauschen – und sein Vater ließ sich von der Begeisterung anstecken. Zunächst wurden im Hause Lewinski die Sachgebiete aufgeteilt. Das Sammelinteresse war international: „Ich sammelte Niederlande, BRD, Frankreich und die DDR, mein Sohn Spanien und Andorra“, erzählt Eberhard Lewinski. Ihr Ziel war immer, die jeweils komplette Ausgabe vollständig zusammenzutragen.
Auch nach vielen Jahren systematischen Sammelns ist die Faszination ungebrochen. Wenn Eberhard Lewinski eines seiner 60 dicken, stabil gebunden Alben öffnet und seine Schätze vorzeigt, leuchten seine Augen, und die Geschichten sprudeln aus ihm heraus. Seit 1958 ist er Kunde der Briefmarkenstelle in Bethel. „Damals war die noch hinter dem Pförtnerhäuschen“, erinnert er sich. „Weil wir früher auch samstags arbeiteten, musste ich mich auf dem Heimweg immer richtig beeilen – die Briefmarkenstelle schloss um zwölf Uhr!“ Zu spät zu kommen wäre fatal gewesen: „Ein Wochenende ohne Briefmarken? Nee, dann war nix los“, blickt er mit einem Schmunzeln auf die Anfänge seiner Briefmarkenpassion zurück. „Wenn wir uns getroffen haben, mussten Marken auf den Tisch!“
Dass durch seine Einkäufe in der Briefmarkenstelle Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung gesichert werden, freut den Senior immer noch: „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man einander hilft.“ Zunächst erwarb er nur ein Tütchen im Monat, später auch größere Mengen. „Bis heute ist das Briefmarkensammeln meine Hauptbeschäftigung.“ Deshalb hat er schon immer gerne Kiloware aus Bethel gekauft, bevorzugt die Sorte AW – „Alle Welt“. Hier hat der begeisterte Philatelist immer wieder tolle Funde gemacht. Etwa Sperrwert-Marken aus der DDR. „Die waren damals sehr selten. Sowas hat man zu BRD-Zeiten kaum bekommen.“
Fotos: Paul Schulz